Im Juni sowie Juli 2025 wurden zwei Studien vom Bundesamt für Wohnungswesen BWO publiziert: die eine zur sozialen Verdrängung und die andere zur Problematik der Einsprachen.
STUDIE 1: Rechtsmittelsysteme im öffentlichen Baurecht
Autoren: Dr. Christian Brütsch von der Stratcraft GmbH und Dr. Joelle Zimmerli von der Zimraum GmbH
Die Studie basiert auf der Befragung einer breit abgestützten Stichprobe der Bau- und Immobilienbranche.
Wesentliche Erkenntnisse der Befragung sind:
- Einsprachen und Rekurse werden als grösste Hürde im Wohnungsbau angesehen, gefolgt von hohen Anforderungen an Planung/Baueingaben.
- Einsprachen sind häufiger als Rekurse; der Anteil, der von den obersten kantonalen Instanzen abgewiesenen Rekurse übertrifft in den meisten Kantonen die gutgeheissenen bei weitem.
- Oft, aber längst nicht immer, können mittels Projektanpassungen Kompromisse gefunden werden, aber auch (finanzielle) Entschädigungen sind probate Mittel.
- Bei den Streitthemen stehen Lärm/Mehrverkehr respektive Beanstandungen in Bezug auf Ausnützung (Volumen, Höhe, Länge, Baulinien, Grenzabstände) – sprich Innenverdichtung – im Vordergrund, nebst Aussicht oder Verschattung sowie Denkmal- oder Umweltschutz.
- Einsprachen und Rekurse führen systematisch zur Verzögerung des Bezugsdatums und zu höheren Baukosten, was sich letztlich im Mietpreis niederschlägt. Die Projektanpassungen haben in mehr als einem Drittel der Fälle auch eine Reduktion der Anzahl Wohnungen zur Folge.
- Als geeignete Massnahmen zur Beschleunigung des Wohnungsbaus werden effizientere Bewilligungsverfahren, Einschränkung der Einsprachen mittels monetärer Strafen respektive Einschränkung des Einspracherechts sowie Lockerung von gesetzlichen Vorgaben vorgeschlagen.
STUDIE 2: Bautätigkeit und Verdrängung in der städtischen Schweiz
Autoren: ETH Zürich, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung – IRL, Raumentwicklung und Stadtpolitik – SPUR
Die Studie basiert auf verknüpften Datensätzen des Bundesamtes für Statistik (BFS).
Aus der Gegenüberstellung der Perioden 2000-2004 mit 2020-2023 in den Agglomerationen Bern, Basel, Genf, Lausanne und Zürich ergeben sich folgende Erkenntnisse:
- Jährliche Netto-Wohnungszunahme: Erhebliche Zunahme mit Ausnahme von Zürich, wo ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist.
- Jährlicher Netto-Wohnflächenzuwachs durch Neubauten: Erhebliche Zunahme mit Ausnahme von Bern, wo die Situation unverändert blieb.
- Wohnneubautätigkeit auf unbebautem Land: Klar rückläufig, ausser in Genf, aber durchschnittlich grössere Projekte mit mehr Wohnungen.
- Ersatzneubauten: Klar zunehmend und mit dem Effekt, dass 1.6- bis 2-mal so viele zusätzliche Wohnungen entstanden sind.
- Neubau von ehemaligen Industriearealen und Aufstockungen: Erhebliche Zunahme, das Phänomen der Kernstädte.
- Wohnflächenverbrauch pro Person (Nutzungsdichte): Nahezu 1:1, was zeigt, dass die zusätzlich geschaffene Fläche durch mehr Raumbedarf kompensiert wurde.
Bemerkung: Siehe dazu auch NZZ am Sonntag vom 13. Juli 2025: Zunahme der Anzahl Wohnungen im Vergleich zur Bevölkerung von 2000 bis 2023: Wohnungszuwachs +34% / Bevölkerungszuwachs +24%. - Leerkündigungen: 0.2-1.2% der Bevölkerung betroffen. Besonders betroffen sind ältere Personen mit tiefem Einkommen, Asylsuchende, anerkannte Flüchtlinge und Personen mit einem afrikanischen Geburtsland. Die Mehrheit konnte wieder eine Wohnung in derselben Gemeinde finden.
Weitere Publikationen des Bundesamtes für Wohnungswesen finden Sie unter bwo.admin.