Shortcut: Offenlegungspflichten in der Schweiz und der EU

Standards und Gesetzgebung stehen in Wechselwirkung zueinander. Erstere sind anerkannte Präzisierungen und dienen der Umsetzung von Gesetzen und Vorschriften. Dennoch entstehen und etablieren sich Standards oft vorgängig und werden erst später gesetzlich verpflichtend.

Dass sich Gesetze häufig an Standards orientieren und diesen folgen, kann am Beispiel von Minergie veranschaulicht werden. Minergie wurde Ende der 90er-Jahre als Gebäudestandard lanciert, dessen Grundsätze haben sodann in den MuKEn (Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich) Eingang gefunden und bilden heute wiederum die Basis für die kantonalen Energiegesetze.

In der Zwischenzeit wurde der Begriff «Nachhaltige Gebäude» inhaltlich erweitert und es sind breiter gefasste Standards auf den Markt gekommen – lokale wie auch internationale.

Doch wie steht es heute um eine entsprechende Gesetzgebung, insbesondere im Bereich der Offenlegungspflichten? Im Gegensatz zur EU-Taxonomie und den darauf aufbauenden, inhaltlich umfassenden Verordnungen und Richtlinien, überwiegen in der Schweiz noch immer die selbstregulatorischen Ansätze mit einem starken Fokus auf den Klimaschutz.
Explizit seien hier die Vorschriften der AMAS (Asset Management Association Switzerland) erwähnt, welche sowohl von der Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen (KGAST) sowie dem Schweizerischen Pensionskassenverband (ASIP) als Empfehlung übernommen wurden (wir haben berichtet). Ein weiteres Beispiel findet sich mit der «Verordnung zur verbindlichen Klimaberichterstattung», die per 1. Januar 2024 in Kraft tritt und eine erste regulatorische Basis legt, sich inhaltlich jedoch ebenfalls auf die Klimaproblematik beschränkt (wir haben berichtet).

Nicht so die Europäischen Union, die nebst den sechs Umweltzielen zu Klimaschutz, Klimawandel, Wasser, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung und Biodiversität in einem zweiten Schritt auch die Thematik der Sozialverträglichkeit in ihrer Taxonomie aufnehmen wird. Wer also die Schweizer Standards fürs Bauen (SNBS) und den Bestand (SSREI) zum Einsatz bringt, ist der hiesigen Gesetzgebung bereits voraus und auf der Linie der EU.

Doch ist die europäische Gesetzgebung für Schweizer Akteure überhaupt von Belang? Definitiv, denn die EU-Regulierungen sind gerade für international operierende Akteure von grosser Bedeutung. Im Weiteren können die Verordnungen der Europäischen Union durchaus als Vorboten der zu erwartenden Entwicklungen in der Schweiz verstanden werden.

Kommentar

Zur Vertiefung dieser Thematik empfehlen wir als Lektüre die «IFZ Sustainable Investments Studie 2022: Nachhaltige Fonds im regulatorischen Kontext»

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