Wohnen im Alter: Was bleibt übrig?

Wohnen im Alter hat nur noch wenig mit Bauen zu tun. Heute geht es vielmehr um Kooperationen, vermarkten und bewirtschaften.

Wohnen im Alter erregt kaum mehr Aufmerksamkeit: mit der Etablierung der Norm SIA 500 sind Neubauwohnungen genügend barrierearm, dass sie für das Wohnen bis ins hohe Alter taugen. Älteren Menschen traut man heute zu, sich auf dem Wohnungsmarkt zu behaupten. Sonderwohnformen kombiniert mit Pflege und Betreuung übernehmen in der Regel spezialisierte Betreiber. Welche Aufgaben können institutionelle Eigentümer in diesem Kontext für das Wohnen im Alter noch übernehmen?

Sie können die Herausforderung annehmen, «paraten» älteren Menschen einen Umzug zu erleichtern. Die kürzlich erschienene Raiffeisenstudie «Immobilien Schweiz – 3Q 2025, Löst der Silver Tsunami eine Verkaufswelle aus?» vertritt zwar die Hypothese, dass ältere Menschen nicht umziehen wollen. Unsere Gegenhypothese lautet, dass ältere Menschen zu wenig Gelegenheiten zum Umziehen haben. Institutionelle Eigentümer können Opportunitäten in verschiedenen Bereichen schaffen.

Siedlungen und Areale entwickeln

Für Nischengruppen von älteren Menschen sind spezielle Wohnformen ein Grund, aus der Familienwohnung auszuziehen. Institutionelle Eigentümer können spezielle Wohnformen über Generalmietverträge anbieten. Zum Beispiel mit Generationenwohnen mit Nachbarschaftsaspekten, wie es die Domum Genossenschaft anbietet; mit selbstorganisierten Genossenschaften 55plus wie «Zusammenhalt in Winterthur», die bereits bei der Projektentwicklung mitwirken konnte, oder mit Gemeinschaftsprojekten wie der Aktiengesellschaft Winkelhalden «anders wohnen im alter» in Oberrieden, die ihr Projekt eigenständig entwickelten. Spezielle Wohnformen im Generalmietvertrag sind eigentlich «No Brainer», weil sich Dritte um die Zielgruppe kümmern. Aufwand entsteht über die Suche nach einem passenden Generalmieter, und über Schnittstellen, die geklärt werden müssen. Ein niederschwelliger Selbstläufer, mit dem vor allem in Regionen mit hohem EFH-Anteil viele 55plus erreicht werden, sind Eigentumswohnungen als Teil von grösseren Entwicklungen.

Mietwohnungen vermarkten

Nicht wenige 65plus sind offen für einen Umzug und reagieren, wenn Vermarktungsmassnahmen auf sie ausgerichtet sind und sie zum richtigen Zeitpunkt abholen. Weil ein Umzüg für viele mit dem Verkauf von Eigentum zusammenhängt, hilft es, wenn die Vermarktung früher als üblich startet. Evaluationen von Projekten wie dem «Wohnen im Bethlehem» in Immensee zeigen, dass ältere Generationen zu den ersten gehören, die auf Informationen zu Neubauprojekten reagieren. Sie bilden damit einen willkommenen Sockel für die Erstvermietung. Eigentümer können Vermarkter incentivieren, indem sie ihnen einen Bonus für Mindestanteile 65plus gewähren, beispielsweise für Anteile von 5, 10 oder 15%.

Bestandswohnungen vermieten

Ältere Menschen suchen in der Regel eine Wohnung, die ihnen ein Upgrade an Altersfreundlichkeit zur jetzigen Wohnsituation bietet. Ausführlichere Informationen in Inseraten helfen, Informationsdefizite zu füllen und den Entscheid für die Bewerbung auf einen Besichtigungstermin zu erleichtern. Bewirtschafter können bei der Inserierung von besonders altersfreundlichen Wohnungen explizit auf Aspekte wie Lift, neueres Baujahr, freundliche Nachbarschaft oder ruhige Wohnumgebung eingehen. Wohnungen mit besonders altersfreundlichen Merkmalen, die wenig Resonanz bei jüngeren Zielgruppen hervorrufen, können anstatt über Inserateplattformen auch über Altersorganisationen oder Altersfachstellen der Gemeinden ausgeschrieben werden.

Erkenntnis

Wohnen im Alter hat heute vor allem mit der Frage zu tun, wie die 65plus am besten erreicht und mit altersgerechtem Wohnraum versorgt werden. Wohnen im Alter passt deshalb nicht mehr einfach in ein abgeschlossenes Produkt. Es muss vielmehr als Bestandteil einer sozial nachhaltigen Entwicklung, Vermarktung und Vermietung des Wohnungsbestands betrachtet werden.

Autorin: Joëlle Zimmerli, geschäftsführende Inhaberin, Zimraum GmbH

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