Peter Jakob ist Architekt BSA SIA SWB, Partner und Teilhabender Geschäftsführer der Bauart Architekten und Planer AG. In diesem Interview äussert er sich zum Swiss Sustainable Real Estate Index, seinen Beweggründen zur Mitwirkung im SSREI-Prüfgremium und seinem Verständnis nachhaltiger Architektur.
Interview mit Peter Jakob:
Partner bei Bauart Architekten und Planer, Kommissionspräsident SIA 112/1 und Mitglied des SSREI Prüfgremiums
Wer sind Sie?
Nach meinem Architektur-Studium und Anstellungen in verschiedenen Büros, unter anderem im Atelier 5, gründete ich zusammen mit zwei Partnern die Bauart Architekten und Planer AG in Bern. Heute leiten fünf Partner die Standorte Bern, Neuenburg und Zürich. Mit dem Bau des Bundesamtes für Statistik in Neuenburg und der Projektentwicklung EcoParc am Bahnhof Neuenburg hat sich Bauart bereits in den frühen 1990er Jahren dem nachhaltigen Bauen verschrieben. Auch in der Anwendung moderner Holzbautechnologien und dem modularen Bauen konnten wir uns schon früh positionieren. Nachhaltiges Bauen gehört also sozusagen zur DNA von Bauart.
Was ist Ihre Motivation, im Prüfgremium des SSREI mitzuwirken?
Schon in der Entwicklung der Norm SIA 112/1 Nachhaltiges Bauen – Hochbau, dem Basiswerk zur Nachhaltigkeit im Bauwesen, war ich als Projektleiter tätig und inzwischen als Kommissionspräsident. Ebenso engagierte ich mich bei der Weiterentwicklung des SNBS in einer Expertengruppe. Diese Tätigkeiten und die eigene Praxis in unserem Büro sollen das nachhaltige Bauen weiter voranbringen. In Zukunft werden wir aber vermehrt den Blick auf den grossen Gebäudebestand richten müssen, um auch diesen nachhaltiger weiterzuentwickeln. Hierbei erachte ich den SSREI, welcher sich im Übrigen am SNBS orientiert, als durchaus geeignetes Instrument, um den Handlungsbedarf bei Bestandsbauten zu eruieren und diese für die Zukunft fit zu machen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. Darin liegt auch die Motivation für mich.
Wie sehen Sie den SSREI?
Labels und Tools stehen stets vor der Herausforderung, dass sie in einem definierten Rahmen und innerhalb von Systemgrenzen auskommen müssen. Es werden Messgrössen bestimmt und Wertungen vorgenommen. Darin liegt immer eine gewisse Subjektivität. Dennoch, wenn wir eine Breitenwirkung, eine Skalierung erreichen wollen, sind Instrumente wie der SSREI äusserst hilfreich und effizient. SSREI unterstützt die Bemühungen, das Nachhaltigkeitsprofil von Liegenschaften fortlaufend zu optimieren.
Ist Architektur und Nachhaltigkeit ein Widerspruch oder notwendiges Übel?
Nein, im Gegenteil! Gute Architektur ist nachhaltige Architektur. Langlebigkeit und Dauerhaftigkeit ist der Inbegriff der Nachhaltigkeit. Insofern hat gute Architektur aus Sicht der Gesellschaft, aber auch der Umwelt eine wichtige Funktion in der Nachhaltigkeitsdiskussion: Hochwertige Gebäude haben einen kulturellen Wert und bereichern die Gesellschaft – letztlich sogar das Wohlbefinden des Menschen, denn es ist bewusst oder unbewusst wohltuend, qualitativ gute Gebäude zu betrachten und zu nutzen. Sinnvoll konzipierte Gebäude reisst man nicht vorzeitig ab und zerstört damit keine graue Energie. Nachhaltiges Bauen ist Teil einer vorbildlichen Baukultur.
Dennoch gibt es immer mehr Gesetze und Vorschriften, um nachhaltiges Bauen umzusetzen. Empfinden Sie das nicht als Einschränkung?
Architektur bedeutet immer, mit den bestehenden Rahmenbedingungen kreativ umzugehen und das Beste daraus zu machen. Wesentliche Einschränkungen hat man bekanntlich bereits aus dem Umfeld, in das hinein gebaut wird oder dem Bestand, den es zu nutzen gilt. Es ist ein Grundthema des gesellschaftlichen Lebens, dass unsere Freiheiten beschränkt sind und wir uns in dem uns vorgegebenen Rahmen zurechtfinden müssen. Leider nimmt die Regeldichte ständig zu, was die Kreativität und letztlich die Qualität beeinträchtigen kann. Es gibt berechtigte Befürchtungen, dass wir uns in diese Richtung hinbewegen. Eine Priorisierung der Regeln und Vorgaben könnten für das nachhaltige Bauen daher förderlich sein.
Wird diese Tendenz durch Standards wie den SNBS verstärkt?
Nein, der SNBS wurde – im Vergleich zu anderen Gebäudestandards – ganz bewusst relativ generisch formuliert, d.h. er benennt wo immer möglich Prinzipien, in deren Umsetzung die Planenden, und natürlich auch die Bauherrschaft, sich frei bewegen können. Das ist der Unterschied zu Gesetzen, die präzise und eng gefasst sind. Rahmenwerke wie der SNBS für das Bauen und der SSREI für die Immobilienbewertung reichen aus, um die Entwicklung in die richtige Richtung zu lenken.
Herzlichen Dank Herr Jakob, für das interessante Gespräch und die aufschlussreichen Einblicke.