Eine Frage an Peter Jakob, scheidender Präsident der SIA-Kommission 112/1 «Nachhaltiges Bauen – Hochbau»

Herr Jakob, Sie gelten unter den Architekten und mit dem von Ihnen gegründeten Architekturbüro Bauart zu den Pionieren des nachhaltigen Bauens. Sie waren massgebend bei der Entwicklung der Norm SIA 112/1 beteiligt, anschliessend haben Sie Jahre lang die SIA-Kommission 112/1 präsidiert. Sie haben auch aktiv beim SSREI mitgewirkt. Mit welchen Erkenntnissen ziehen Sie sich nun aus diesen Gremien zurück?

Vorerst, seit der Herausgabe der ersten Ausgabe der Norm SIA 112/1 ist das Thema der Nachhaltigkeit endgültig in der Bauwirtschaft angekommen. Anfangs noch zögerlich, heute aber nicht mehr wegzudenken. Das freut mich sehr, wenn ich mit meinen verschiedenen Tätigkeiten hierfür einen Beitrag leisten konnte.

«Es ist wichtig, dass die Schweiz ihre eigenen Standards für nachhaltiges Bauen respektive den Immobilienbestand hat.»

Im SIA hatten wir mit der Kommission 112/1 «Nachhaltiges Bauen – Hochbau» die Absicht, mit eben dieser Norm ein einheitliches Verständnis für nachhaltiges Bauen in der Schweiz zu schaffen. Ich habe mich im Nachgang dafür eingesetzt, dieses Verständnis in praxistaugliche Instrumente zu überführen. So war ich aktiv an der Entstehung des SNBS Hochbau sowie des SSREI beteiligt, die beiden Standards also – der eine fürs Bauen, der andere für die Bestandsbewertung – welche auf der Norm SIA 112/1 basieren. Mit den Resultaten, welche heute vorliegen, sind meine Ziele weitgehend erfüllt, denn beide Standards sind heute im Schweizer Immobilienmarkt bekannt und beginnen sich immer besser zu etablieren.

Es ist wichtig, dass die Schweiz ihre eigenen Standards für nachhaltiges Bauen respektive den Immobilienbestand hat. Jedes Land hat seine eigene Baukultur, seine eigenen Gesetze und Baunormen, die sich darin reflektieren. Auch wenn es Überschneidungen mit ausländischen Standards gibt, so scheint mir doch in unserem Denken der Blick fürs Ganze ausgeprägter. Die isolierte Betrachtung von Gebäuden reicht aus meiner Sicht für eine nachhaltige Immobilienentwicklung nicht aus. Vielmehr müssen wir die Gebäude in ihrem Kontext beurteilen und sie als Teil der Siedlungsentwicklung verstehen. Diese Flughöhe scheint mir gerade bei der Bestandsbewertung wichtig, denn zu viele Details dienen der strategischen Weiterentwicklung eines Immobilienportfolios nicht. Investorinnen und Geschäftsleitungen brauchen ein Bild über das grosse Ganze, über die Risiken und Potenziale in ihren Portfolios. Nur so können die Weichen konsequent in Richtung Nachhaltigkeit gestellt werden.

Zur Person: In seiner Berufslaufbahn als Architekt hat Peter C. Jakob zunächst im renommierten Büro Atelier 5 in Bern gearbeitet und 1987 die Bauart Architekten und Planer AG gegründet, mit Standorten in Bern, Neuenburg und Zürich, welche er heute zusammen mit seinen vier Partnern führt. Peter Jakob ist Mitbegründer des Architekturforums Bern. 2012 wurde er zum Kommissionpräsidenten der Norm SIA 112/1 «Nachhaltiges Bauen – Hochbau» ernannt, womit die Grundlage für den Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) gelegt wurde – woran sich wiederum der SSREI inhaltlich orientiert. Nebst seiner Tätigkeit als Architekt ist Peter Jakob ein gefragter Juror und Experte in Architekturwettbewerben. Schliesslich war er auch als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Nordwestschweiz tätig.

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