Eine Frage an Hansjörg Sidler von der Siemens Schweiz AG

Im Zuge der Dekarbonisierung steht die Schweiz vor der Herausforderung, sommerliche Stromüberschüsse effizient für den Winter nutzbar zu machen. Hansjörg Sidler von der Siemens Schweiz AG erläutert in diesem Gespräch, welche Rolle Speicherlösungen und betriebliche Optimierungen dabei spielen.

Herr Sidler, im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung muss ein Drittel des Sommerstroms in den Winter transferiert werden. Hierzu braucht es Speicherlösungen oder betriebliche Optimierungen, um den Bedarf im Winter zu senken und im Sommer weniger Solarstrom produzieren zu müssen. Wie gross ist dieses Potenzial und weshalb steht dieser Ansatz nicht ganz oben auf der politischen Agenda?

Die Speicherung von Sommerstrom für den Winter stellt eine grosse Herausforderung dar. Strom in Batterien für den Winter zu speichern, ist viel zu aufwändig und teuer. Die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Speichertechnologien wie der Wasserstoffspeicherung sind noch nicht ausreichend entwickelt. Als Alternative kann man Energie in Form von Wärme speichern, beispielsweise durch thermische saisonale Speicherung im Untergrund. So kann mit Solarstrom Wärme über Erdsonden eingespeichert und gleichzeitig Gebäude gekühlt werden. Im Winter kann mit weniger Strom mehr Wärme aus dem Boden geholt werden.

Für die erfolgreiche energetische Transformation braucht es daher zusätzlich betriebliche Massnahmen. Nebst der Sicherstellung, dass Haustechnik-Anlagen optimal funktionieren, geht es dabei insbesondere um die bessere Abstimmung von Bedarf und Verfügbarkeit. So sollte nur dann geheizt werden, wenn Personen einen Bedarf haben. Nachts oder am Wochenende kann die Temperatur abgesenkt werden. Tagsüber kann Solarstrom genutzt und Wärme im Wasserspeicher für die Nacht gespeichert werden. Besonders Lüftungen bieten ein grosses Potenzial im Winter. Wird nur so viel gelüftet wie nötig, spart man Energie und als Nebeneffekt ist die Luft innen deutlich weniger trocken.

Betriebsoptimierungen nach dem Motto «ohne Nutzen kein Verbrauch» werden heute noch viel zu wenig umgesetzt. Für eine effiziente Betriebsoptimierung muss der Energieverbrauch (Wärme, Kälte, Strom) im 15-Minuten-Takt gemessen werden (Smart Metering), um zu sehen, wann die Wärmepumpe oder die Lüftung läuft.

Siemens ist auf Smart Metering und darauf abgestützte Betriebsoptimierungen spezialisiert. Die Erfahrung zeigt, dass man mit solchen Massnahmen im Schnitt 20% CO2-Emissionen ohne zusätzliche Investitionen einsparen kann. Mit dem Stromversorgungsgesetz wurde dafür die entsprechende Grundlage geschaffen, denn es verlangt, dass alle Schweizer Energieversorger bis 2027 mindestens 80% der herkömmlichen Stromzähler durch intelligente Messsysteme ersetzen. Dank den Smart Metern der Werke können die Energieverbrauchsdaten der Eingangsmessung direkt von den Werken online in die Siemens Cloud BuildingX importiert werden. Vor Ort müssen dann nur noch die erforderlichen Wärme-, Kälte- sowie Untermessungen für grosse Stromverbraucher eingebaut und angeschlossen werden.

Mit all diesen online Daten auf BuildingX und dem Einsatz regelbasierter KI kann der Betrieb optimiert und Energie vom Sommer in den Winter transferiert werden.

 

Zur Person: Hansjörg Sidler ist Sales Director Energy Efficiency bei Siemens Schweiz AG und verantwortet die strategische Kundenbetreuung sowie die Entwicklung von Energieeffizienzlösungen für Gebäude. Mit über einem Jahrzehnt Erfahrung in leitenden Vertriebspositionen bei Siemens verfügt er über fundierte Expertise in der Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte. Zudem engagiert er sich als Vizepräsident des Verbands swissesco für die Förderung von EnergieSPAR-Contracting in der Schweiz.

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