Herr Prof. Kaufmann, wir sind beim Thema Nachhaltigkeit und Immobilien stark in Einzellösungen verhaftet wie Heizsysteme auszutauschen oder Benziner durch E-Autos zu ersetzen – ohne dabei Strukturen zu verändern. Sie als Raumplaner gehen das Thema ganzheitlich an. Welches sind die unabdingbaren Massnahmen, damit die Transformation gelingt?
Die heutige Zeit ist geprägt von vielschichtigen Krisen wie dem Klimawandel, endliche Ressourcen und soziale Ungleichheit. Dies betont die Dringlichkeit von transformativen Massnahmen, die gleichermassen sozial und ökologisch ausgerichtet sein sollten. In diesem Kontext spielen die Raumentwicklung und Bauaktivität eine entscheidende Rolle. Konkret geht es in der Schweiz um eine nachhaltige Verdichtung der Siedlungen sowie um die Minimierung von Ersatzneubauten, die momentan die Bauaktivitäten dominieren. Die Verdichtung durch Ersatzneubauten sollte eingeschränkt werden, da diese aus ökologischer Sicht viel CO2-Emissionen produzieren und freisetzen, und weil sie aus sozialer Sicht zur Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsschichten beitragen. Wir sollten dagegen Aufstockungen und Anbauten priorisieren. Zudem zeigt die Forschung, dass soziale und ökologische Begleitmassnahmen beim verdichteten Bauen die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.
Zur Person: Prof. Dr. David Kaufmann ist Assistenzprofessor für Raumentwicklung und Stadtpolitik an der ETH Zürich. Er ist Vorsteher des Netzwerk Stadt und Landschaft und Stellvertretender Vorsteher des Instituts für Raum- und Landschaftsentwicklung.