Selbst bei landesweitem Wachstum wird die kaufkräftige Bevölkerung in Schlüsselregionen wie Genf und Bern schrumpfen. Eine Analyse der fundamentalen Risiken.
Die Demografie treibt die Dynamik des Schweizer Hypothekarmarkts. Während die Schweiz lange von robustem Bevölkerungswachstum profitierte, zeichnen sich unübersehbare regionale Brüche ab. Unsere Analysen zeigen: Diese Unterschiede werden weiter zunehmen.
Im Referenzszenario gehen wir davon aus, dass die Schweiz im Jahr 2041 10 Millionen Einwohner zählen wird. Für die Entwicklung der Immobilienpreise ist die Entwicklung der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter besonders relevant, denn es sind diese Personen, die Familien gründen, ihren Wohnraumbedarf erhöhen, Hypotheken erhalten und Immobilien kaufen. Wir vergleichen also das Wachstum dieser Altersgruppe in den verschiedenen Arbeitsmarktgrossregionen zwischen heute und dem Jahr 2040.
Die Unterschiede sind markant. Die Bevölkerung im erwerbstätigen Alter wächst in der Region Neuenburg am schnellsten. Sie nimmt bis zum Jahr 2040 um 23% zu (+30’909 Personen). Ebenfalls starkes Wachstum ist in den Regionen Freiburg (+11% / +20’689), Zürich (+10% / +146’737) und dem Aareland (+9% / +25’803) zu verzeichnen. Demgegenüber steht ein Rückgang der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter in fünf Arbeitsmarktgrossregionen: der stärkste Rückgang wird im Sopraceneri mit -10% (-9’262) erwartet. Darauf folgen die Regionen Genf (-8% / -29’512), Berner Oberland (-3% / -4’406), Sottoceneri (-3% / -3’275) und Bern (-0% / -995). Die Konsequenz ist alarmierend: Selbst im optimistischen Szenario werden wichtige Zentren wie Genf, Bern und Lugano bis 2040 weniger potenzielle Immobilienkäufer haben als heute.
Im tiefen Szenario erreicht die Schweiz nie die 10-Millionen Grenze. Dieses Szenario ist geprägt von tieferen Geburtenraten und einer leicht rückläufigen (aber weiterhin deutlich positiven) Nettozuwanderung. Hier schrumpft die Bevölkerung im erwerbstätigen Alter bis 2040 in der Hälfte aller Arbeitsmarktgrossregionen. Neu erwarten wir auch in den Regionen Biel-Jura, Basel und Ostalpen eine schrumpfende Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren. Der Immobilienmarkt könnte also in der Hälfte der Schweiz je nach Szenario schon bald seinen Höhepunkt erreicht haben.
Diese Entwicklungen weiter zu beobachten, wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. Wenn sich die Stimmung der Marktteilnehmer wendet, sei es durch demografische Entwicklungen, einen Zinsschock oder politische Entwicklungen, dann werden die Preisentwicklungen von den Fundamentalwerten getrieben. Und das ist am Immobilienmarkt die Entwicklung der Wohnraumnachfrage. Ein Preisschock am Immobilienmarkt könnte also die verschiedenen Regionen der Schweiz sehr unterschiedlich treffen. Wer sich heute bereits mit diesen demografischen Risiken beschäftigt und entsprechende Investitionsentscheidungen oder Vergaberichtlinien bei Hypotheken einführt, kann diese Risiken managen und mitigieren.
Autor: Dr. Manuel Buchmann, Demografik AG