CO2-Neutralität als grosse Herausforderung

Während bei neuen Gebäuden CO2-Neutralität erreicht werden kann, ist dies bei den meisten Altbauten nahezu unmöglich, selbst wenn das Heizsystem ausgetauscht wird und die Dächer und Fassaden saniert werden. Der Schweizer Immobilienpark ist insgesamt einfach zu alt, um bis 2050 die CO2-Neutralität zu erreichen. Michael Loose, CEO der Investissements Fonciers SA (IFSA), der Fondsleitung von La Foncière, im Gespräch mit Olivier Toublan von Immoday.
Michael Loose, für La Foncière ist der Energiewandel eine grosse Herausforderung.

Das ist richtig. Und wir sind sehr stolz auf unsere Zahlen: Seit wir 2009 den Schwerpunkt auf die Energiewende gelegt haben, konnten wir pro Quadratmeter 34% des Stromverbrauchs, 22% des Heizverbrauchs und 15% des Wasserverbrauchs einsparen sowie den CO2-Ausstoss um 40% senken.

Werden Sie bis 2050 die CO2-Neutralität erreichen?

Wenn Sie eine ehrliche Antwort wollen: die CO2-Neutralität im engeren Sinne wahrscheinlich nicht. Und die gesamte Immobilienbranche auch nicht. Für mich gibt es eine Dichotomie zwischen einer rein politischen Vision und den Grenzen der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit einer Branche. Dies bedeutet jedoch nicht, dass unser Sektor als einer der grössten CO2-Emittenten nicht alles daransetzen sollte, diese Ziele mindestens annähernd zu erreichen.

Wirklich? Dies ist nicht die politisch korrekte Antwort, die man normalerweise zu hören bekommt.

Der Schweizer Immobilienpark ist insgesamt einfach zu alt. 50% der Gebäude sind älter als 50 Jahre und könnten leicht noch weitere 50 Jahre bestehen. Die Gebäude wurden gut gebaut und regelmässig mit hochwertigen Materialien saniert, welche die Zeit gut überdauert haben. Während bei neuen Gebäuden CO2-Neutralität erreicht werden kann, ist dies bei den meisten Altbauten nahezu unmöglich, selbst wenn das Heizsystem ausgetauscht wird und die Dächer und Fassaden saniert werden.

Wäre eine mögliche Lösung, die Altbauten abzureissen und neue Gebäude zu bauen?

So könnte der CO2-Ausstoss der Gebäude tatsächlich gesenkt werden. Betrachtet man das Ganze aus etwas Distanz und berücksichtigt die gesamte Ökobilanz eines Gebäudes, einschliesslich der grauen Energie, und zwar nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes, ist es dann nicht besser, einen Altbau, der etwas mehr CO2 ausstösst, zu erhalten, als ihn abzureissen und durch ein neues Gebäude zu ersetzen, dessen Bau wesentlich mehr CO2-Emissionen verursacht als die Einsparungen, die durch den Abriss des alten Gebäudes erzielt werden? Im Übrigen gibt es Lösungen für das Recycling von Material beim Abriss. Diese sind derzeit jedoch technisch sehr komplex und finanziell noch uninteressant.

Sie werden ohnehin keine Wahl haben, denn irgendwann wird es ein Gesetz geben, das Sie dazu zwingen wird, den CO2-Ausstoss noch drastischer zu senken – auch denjenigen Ihrer Altbauten.

Das ist in der Tat so. Dann gilt es, mit den Behörden eine Lösung zu finden, alle werden Kompromisse machen müssen. Und wir haben diese Schritte bereits eingeleitet.

Wie sind Sie in den letzten Monaten mit dem Anstieg der Energiepreise umgegangen?

Dies war tatsächlich ein Problem, zumal wir viele Altbauten haben. Wir haben diese Erhöhung zum grössten Teil an die Mieter weitergegeben. Die Preisentwicklung der letzten Monate zeigt jedoch, dass unsere Strategie, den Energieverbrauch unserer Gebäude zu senken, sinnvoll war und ist.

Hat sich diese Strategie aufgrund des Anstiegs der Energiepreise geändert?

Nicht wirklich. Wir haben einen festen, zu 100% budgetierten Sanierungsplan bis 2037 für die technische Sanierung unseres Immobilienparks. Und wir halten uns an diesen Plan.

Sie werden also weiterhin jedes Jahr mehrere Millionen in die Sanierung Ihres Immobilienbestands investieren?

Ja, die Instandhaltung der Gebäude ist für La Foncière wichtig, sowohl aus qualitativer Sicht als auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Dies ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und mit dem ich mich schon lange vor der «grünen Welle» beschäftigt habe. Ab 2007, als ich für die UBS arbeitete, war ich dafür verantwortlich, nachhaltige Kriterien in das Management der europäischen Immobilienfonds der Bank zu integrieren, und hatte das Glück, das Nachhaltigkeitskomitee für alle UBS-Immobilienfonds zu präsidieren. Als ich zu La Foncière stiess, war ich von der enormen Arbeit beeindruckt, die vor 13 Jahren begonnen wurde, um den CO2-Verbrauch unserer Altbauten zu senken, auch wenn wir vielleicht nicht genug darüber gesprochen haben. Ich bezweifle zwar, dass wir die Ziele 2050 erreichen werden, was uns jedoch nicht daran hindern sollte, alles daranzusetzen, uns diesen Zielen so weit wie möglich anzunähern. Und gerade aufgrund dieser Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass eine vollständige CO2-Neutralität bis 2050 wahrscheinlich nicht erreicht wird.

Quelle: Immoday

Kommentar

La Foncière ist Mitglied im Swiss Sustainable Real Estate Index.

Eine lesenswerte Analyse zum Thema findet sich in der «Schweizer Immobilienmarktstudie 23: Viel zu tun bis Netto Null» der Credit Suisse.

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