Entsiegeln liegt im Trend

«Auf der einen Seite Asphalt rein, auf der anderen Kies raus», erzählt Simon. Die Rede ist von der Mulde, die zur Entsiegelung des privaten Zufahrtswegs zu vier Liegenschaften in Berns Osten vor dem Haus stand. In den Frühlingsferien hat er eine Woche lang Asphalt gepickelt, Kies geschaufelt und festgestampft.

Die Initiative zur Entsiegelung des privaten Zufahrtswegs kam von Simons Familie. Die Nachbarn und Miteigentümer*innen waren sofort einverstanden.

Entsiegeln liegt im Trend. Entsiegelte Flächen bieten Lebensraum für Kleinstlebewesen, haben im Sommer einen kühlenden Effekt, halten das Wasser durch Versickerung im Boden und freuen das Auge. Simons Frau Regina zählt noch einen positiven Nebeneffekt auf: «Einbruchsschutz. Auf Kies ist unauffälliges Anschleichen schwierig.»

An Hitzetagen wie im vergangenen Juni oder August kann die Oberflächentemperatur von versiegelten Flächen deutlich über 50 Grad Celsius liegen. Entsiegelte Böden erhitzen sich deutlich weniger und bieten dem Wasser auch bei Starkregen eine Chance abzufliessen.

Für Flächen unter 100 m2 braucht es beispielsweise in Bern keine Baubewilligung, ausser es erfolgt eine Nutzungsänderung. Bei Liegenschaften, die unter Denkmalschutz stehen, gibt es oft auch Auflagen zum Aussenraum. Beachtet werden müssen zudem Gewässerschutz und Barrierefreiheit. Auch entsiegelte Flächen können jedoch barrierefrei gestaltet werden. Kies-, Schotterflächen, Schotterrasen oder Rasenliner eignen sich für Gehwege, Zufahrten oder Parkplätze. Ungebundene Pflästerungen können sogar auf stark befahrenen oder begangenen Wegen zum Einsatz kommen. Steinplatten oder Holzpflästerungen bieten sich für Sitzplätze an. Bei Bepflanzungen sind Grenzabstände zu beachten und Neophyten zu vermeiden. Wichtig ist auch abzuklären, wie der Untergrund aussieht. Gibt es Leitungen oder ist die Fläche unterkellert? Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, die lokale Baubewilligungsbehörde anzufragen.

Bei Simons Zufahrtsweg war die Asphaltschicht weniger als 10cm dick. «Somit haben Pickel zum Aufbrechen ausgereicht und auch die Kinder konnten mitanpacken». Dass eine Familie die Entsiegelung in Handarbeit durchführt, ist eher die Ausnahme. Bei dickeren Schichten (bis zu 20cm Asphalt- oder Betonschicht sind üblich) kommen Profis mit Presslufthammer, Trennscheibe oder Bagger zum Einsatz. Die besten Ansprechpartner für Entsiegelungsprojekte sind oft lokale Naturgartenbaufirmen (Bioterra-Verzeichnis).

Der Bauschutt muss fachgerecht entsorgt werden. Je nach Qualität und Schadstoffbelastung kann der Asphalt recycelt werden und der Entsorgungspreis variiert. Um Entsiegelungen auch auf privatem Grund zu fördern, bieten immer mehr Städte finanzielle Unterstützung, Übernahme der Entsorgungskosten oder kostenlose Fachberatung an. Das ist zum Beispiel in Zürich, Winterthur, Luzern oder Basel der Fall. In Bern bislang noch nicht. Nachfragen bei der jeweiligen Gemeinde lohnt sich. Für die Entsorgung und den Kies hat Simon ein paar Hundert Franken gezahlt.

Nützliche und inspirierende Links

Autor/in: Noemi Helfenstein, Marketingverantwortliche Casafair Schweiz

Vorheriger Beitrag
Zum Lesen / Hören empfohlen
Nächster Beitrag
Netzwerke betreffend Aussenraum und Biodiversität